Öffnung und Integration – wie in der Jubla ein Haltungspapier zum Leben erweckt wird
Mitbestimmen: Wie aus einem Wunsch der Basis strategisches Denken wird
Dass die Jubla heute eine explizit offene Haltung gegenüber LGBTI+ in ihrem Haltungspapier Öffnung und Integration verankert hat, verdanken wir nicht zuletzt unserem Grundsatz «mitbestimmen». So waren die einzelnen Schritte bis zur Verabschiedung vor der BV 1/18 geprägt durch die Partizipation diverser Mitglieder des Verbands:
- Jublaversum 2016: Hunderte Jubla-Mitglieder setzen mit ihrer Unterschrift ein Zeichen für gelebte Toleranz und Gleichberechtigung verschiedener sexueller Orientierungen und Geschlechtsidentitäten innerhalb des Verbands.
- Bundesversammlung 1/17: Die Jubla Kanton Thurgau stellt den Antrag, das Haltungspapier Öffnung und Integration zu überarbeiten und dabei die Haltung gegenüber verschiedenen sexuellen Orientierungen (LGBTI+) explizit darin festzuhalten. Die Bundesversammlung nimmt den Antrag einstimmig an.
- Sommer 2017: Eine Projektgruppe bestehend aus verschiedenen Jubla-Mitgliedern nimmt sich der Überarbeitung des Haltungspapiers an. Sie vernetzt sich mit Fachpersonen und tauscht sich mit anderen Gremien im Verband aus.
- Frühling 2018: Die Projektgruppe legt ihre abgeschlossenen Überarbeitung der Bundesversammlung 1/18 zur Abstimmung vor.
- Bundesversammlung 1/18: Die Bundesversammlung nimmt das überarbeitete Haltungspapier Öffnung und Integration einstimmig an.
Erklärung LGBTI+: LGBTI ist das allgemein von der internationalen Gemeinschaft anerkannte Akronym, um lesbische, schwule, bisexuelle, trans und inter Personen zu bezeichnen. Das + steht zusätzlich für alle weiteren sexuellen Orientierungen und Geschlechtsidentitäten, die in der Abkürzung LGBTI nicht enthalten sind.
Unsere neue Haltung
«In Jungwacht Blauring sind alle Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen willkommen, unabhängig von Nationalität, kultureller und sozialer Herkunft, Religion, Geschlecht, Geschlechtsidentität, sexueller Orientierung sowie persönlicher Verfassung. Wir unterstützen und fördern Massnahmen, die der verbesserten Integration und Entwicklung aller dienen und stehen ein für Akzeptanz, Gleichstellung und Respekt. In der Jubla zählen Gemeinsamkeiten, nicht Unterschiede.»
Offene Formulierung damit die Haltung für alle stimmt
Das Haltungspapier Öffnung und Integration umfasst die gesamte Bandbreite von Themen, die dazu führen könnten, dass das Angebot der Jubla als geschlossen und nicht integrativ wahrgenommen wird. Diese offene Formulierung des Begriffs «Öffnung» soll dabei helfen, das Haltungspapier auf allen Ebenen, jedoch besonders auf der Ebene Schar, zu leben.
Sinn und Zweck eines Haltungspapiers
Jungwacht Blauring nimmt in ihren Haltungspapieren Stellung zu verschiedenen gesellschaftlich relevanten Themen, die Jubla-Mitglieder direkt betreffen können. Die Haltungspapiere bieten eine mögliche Handlungsanleitung für den Verband und unterstützen die Leitenden im Umgang mit diesen Themen. Zudem informieren sie nach aussen über die Haltungen des Verbands.
Tausend Beispiele – und keines davon ist gleich
Die Projektgruppe, die sich an die Überarbeitung des Haltungspapiers wagte, war im vergangenen Jahr mit einigen Beispielen rund um Öffnung und Integration konfrontiert:
- «Von uns hat niemand eine pflegerische und/oder sozialpädagogische Ausbildung, wie können wir dann ein Kind mit Behinderung mit in das Lager nehmen?»
- «Eine Leiterin unserer Schar ist als Junge aufgewachsen. Sie hat uns nun erzählt, dass sie sich als Mädchen fühlt und gerne diese Identität leben möchte, kann sie dann trotzdem noch Mitglied unserer Schar bleiben?»
- «Die Leiterin der ältesten Mädchen lebt in einer Beziehung mit einer Frau, darf sie nun noch im gleichen Zelt wie die Mädchen schlafen?»
- «Vor jedem Lager gestalten wir einen Gottesdienst in der katholischen Kirche, wie können sich davon auch die «nicht katholischen» Kinder, Eltern und Leitenden angesprochen fühlen?»
- «Die asylsuchenden Kinder bei uns in der Gemeinde verstehen nicht, dass sich der Wald als Spielfläche anbietet. Wie können wir ihnen das erklären?»

Auf der Suche nach der passenden Lösung
Und was genau, soll jetzt die Schwierigkeit daran sein? Ganz einfach: Keines dieser Beispiele lässt sich eindeutig mit «Ja» oder «Nein» beantworten. Es gibt für keines dieser Anliegen eine Standardlösung – kein richtig und kein falsch. Wie also entscheiden? Nun – die Voraussetzung ist, dass ihr euch als Schar oder als Leitungsteam Zeit nehmt und die Situation analysiert.
Folgende Fragen können euch helfen, eine passende Lösung zu finden:
- Was im Beispiel könnte als Herausforderung bezeichnet werden?
- Welche Befürchtungen fallen euch ein?
- Wer kennt Fachleute, die weiterhelfen können?
- Muss ein Kompromiss geschaffen werden?
Offenheit und Sensibilität sind das A und O
Reagiert ihr als Schar sensibel und offen findet ihr auch Antworten und passende Lösungen. Gerne dürft ihr euch mit eurer Herausforderung auch unter oeffnung@jubla.ch melden.
Das Haltungspapier kann euch dabei helfen, als Schar eine Haltung zu finden. Es stärkt euer Bewusstsein für mögliche Beispiele und hilft dir als betroffene Person, in deiner Schar in ein entsprechendes Gespräch einzusteigen.
In dem Sinne, denkt daran:
«In der Jubla zählen Gemeinsamkeiten, nicht Unterschiede. Viel Spass beim Finden eurer Gemeinsamkeiten.»
Barbara von Büren, Jubla Kanton Aargau