Geschlechtergerechte Kommunikation in der Jubla
Die Geschichte von Nathan
Lies doch kurz folgende Geschichte durch und finde heraus, was daran nicht stimmt:
Wie immer rennt der kleine Nathan vor der Samstagmorgen-Gruppenstunde die enge Wendeltreppe Zuhause hinunter zur Küche, um sein «Zmorgenbrot» in Windeseile zu essen. Diesmal aber rennt er zu schnell: Nathan fällt die Treppe hinunter und bleibt verletzt liegen. Nathans Vater, der gerade das Frühstück auftischt, reagiert richtig und ruft sofort die Ambulanz. Während der Vater voller Sorge an der Haustüre zurückbleibt, wird Nathan mit Blaulicht ins Spital gefahren und dort direkt in den Operationssaal gebracht. Als er auf dem Operationstisch bereitliegt, ruft der herbeieilende Arzt entsetzt: «Ich kann nicht operieren – das ist ja mein eigener Sohn!»Hast du den Fehler gefunden? Hat sich Nathans Vater etwa einfach mal rasch von der Küche ins Spital «gezaubert». Nein – die Antwort auf das Rätsel ist ganz einfach: «Der herbeieilende Arzt» ist Nathans Mutter.
Unsere Phantasie kommt nicht mit
Die kleine, vielleicht etwas verwirrende Geschichte von Nathan zeigt etwas ganz einfach und unmissverständlich auf: Wenn wir zwecks Einfachheit eines der beiden Geschlechter weglassen, schafft es unsere Phantasie nicht, die andere Variante mitzudenken. Entsprechend kommt sie in unserer Vorstellung gar nicht vor.Die geschriebene oder gesprochene Kommunikation produziert Bilder in unserem Kopf, die einseitig oder falsch sein können. Diese Bilder bleiben hängen und beeinflussen unser Handeln. Peinlich wäre das z.B. dann, wenn wir «dem Arzt» aus der Geschichte, also Nathans Mutter, einen Brief schreiben und sie fälschlicher Weise mit «Sehr geehrter Herr Dr.» anschreiben.
Geschlechtergerechte Kommunikation in der Jubla
In der Jubla gibt es viele Gelegenheiten, bei welchen wir uns überlegen müssen, wen genau wir meinen und ansprechen wollen. Das gilt vor allem für gemischte Jubla-Gruppen und -Scharen sowie auch für regionale, kantonale und nationale Angelegenheiten. Sei es nun eine Einladung zur Gruppenstunde, ein Zeitungsbericht über einen Scharanlass, ein Hilfsmittel, eine regionale Jubla-Party oder Werbung auf der Webseite: Werden z.B. nur die «Leiterinnen» verdankt, so kommen die Leiter zu kurz. Sind nur «alle Leiter» herzlich eingeladen, so stehen die Leiterinnen im Regen.
Die Sache mit der geschlechtergerechten Kommunikation muss jedoch keineswegs kompliziert sein: Anstelle von «Leiterinnen und Leiter» kannst du auch einfach «Leitende» schreiben, anstelle «Rat des Fachmannes» einfach «Rat der Fachperson». Damit geschlechtergerechtes Schreiben für dich so einfach wie möglich wird, bietet dir die Jubla neu ein Merkblatt «Geschlechtergerechte Kommunikation» mit wertvollen Tipps und Tricks. Lies dich doch mal durch – und du wirst schnell sehen: So kompliziert ist das Ganze gar nicht.

Von Klischees und anderen Stereotypen
Doch gehört zu einer geschlechtergerechten Kommunikation nicht nur die schriftliche bzw. gesprochene Sprache. Wichtig ist auch, dass gängige Klischee-Vorstellungen vermieden werden. Klischee-Vorstellungen wie z.B., dass Schwerverletzte nur von Männern/Vätern operiert und Zmorgenbrote nur von Frauen/Müttern gestrichen werden.
Gemäss unserem «Haltungspapier Gender» wollen wir in der Jubla dazu beitragen, dass jede und jeder sich frei entfalten kann, und zwar unabhängig vom angeborenen (biologischen) und vom angeeigneten (sozialen) Geschlecht. Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag zur Gleichberechtigung.
Deshalb ist es auch so wichtig, dass du in der Kommunikation auf Geschlechtergerechtigkeit achtest. Und zwar, indem du immer dann beide Geschlechter sichtbar machst, wenn beide gemeint sind. Und indem du beide Geschlechter als gleichwertig darstellst. Denn die Geschichte von Nathan hat gezeigt: Die Kommunikation prägt unsere Vorstellung – und diese beeinflusst unser Handeln. So entsteht eine neue Wirklichkeit – zum Beispiel Gleichberechtigung.

Nicht nur Text – auch Bilder sind wichtig
Und wenn dir die Sache mit der Sprache zu (wenig) bunt wird: Auch bei der Auswahl von schwarz-weissen oder farbigen Bildern kannst du auf Geschlechtergerechtigkeit achten. Es wäre doch ein Jammer, wenn beim Lager-Fotoabend nur Mädchen oder nur Jungs vorkommen – vor allem dann, wenn beide gemeinsam unter derselben Zeltblache stecken.