Präsides-Umfrage – die Ergebnisse (Teil1)
Wer sind eigentlich die Schar-Präsides der Jubla?
Beim Stichwort «Präses» haben viele Jubla-Mitgliedern gleich ein konkretes Gesicht vor Augen – der/die Präses, den/die man als Kind oder Leitende/r erlebt hat. Bei vielen sind diese Erinnerungen positiv, bei anderen eher problematisch. Manchmal steht dieses Gesicht gleichzeitig für «das Gesicht der Kirche» – manchmal spielt diese Verbindung eine untergeordnete Rolle. So oder so zeigt sich, dass Präsides nur in Erinnerung bleiben, wenn sie nahe am Scharleben dran – also echte Begleiter/innen sind.
Das Ziel
Ein Ziel der Präsides-Umfrage war es, dank statistischer Erfassung von persönlichen Erinnerungen zu abstrahieren und zu belegen, wer die Präsides wirklich sind, was sie mitbringen, was sie tun, wie sie sich informieren und weiterbilden, was sie sich wünschen und wie sie sich vernetzen. Folgende weitere Punkte wurden als Ziel der Umfrage definiert:
- Ausrichtung der Hilfsmittel, Unterstützungs-, Aus- und Weiterbildungsangebote für Schar-Präsides an ihren Bedürfnissen.
- Verbandsinterne und -externe Sichtbarkeit und Anerkennung der Präses-Rolle.
- Verbesserungen der Arbeits- und Anstellungsbedingungen der Präsides, damit sie ihre Schar und ihr Leitungsteam sich möglichst effektiv unterstützen können.
Die Resultate
156 Personen haben im Frühling 2016 an der Umfrage teilgenommen. Also rund 42% aller Schar-Präsides. Ein aussagekräftiges und verallgemeinerbares Ergebnis, aus dem gezielt Erkenntnisse und Konsequenzen werden können.
Eine unkommentierte Auswahl der Statistiken findest du hier:
Allgemeine Informationen rund ums Präses-Amt in der Jubla findest du unter jubla.ch/praeses.
Wer sind die Präsides und was bringen sie mit?
Die allermeisten Präsides sind deutlich älter als die Mitglieder der Leitungsteams.
Obwohl «man so alt ist, wie man sich fühlt», kann der Altersunterschied einen grossen Einfluss darauf haben, welche Rolle ein/e Präses im Team einnimmt. Das hat unter anderem mit Unterschiede bzgl. Erfahrungshintergrund, Interessen, verwendeter Sprache oder der Nutzung von Kommunikationsmitteln zu tun. Bedeutsam kann der Altersunterschied etwa auch im Kontakt mit den Eltern sein. Stammt der Präses aus derselben Generation wie sie, kann das den Zugang erleichtern.
Trotz unterschiedlichen Ausbildungen bringen die meisten Präsides Wissen für ihre Hauptaufgaben (Beraten/Begleiten, spirituelle Animation, Vernetzung/Lobbyarbeit) mit.
Die Ausbildungsvielfalt bedeutet auch, dass für die Aus- und Weiterbildung der Präsides sehr unterschiedliche Bedürfnisse bestehen. Das muss bei der Zusammenstellung der Angebote und Hilfsmittel unbedingt beachtet werden, z.B. in dem Präsides sich einzelne Kompetenzbereiche gezielt, individuell und effizient erarbeiten können.
Die meisten Präsides wissen aus eigener Erfahrung, um was es in der verbandlichen Jugendarbeit geht. Überraschend viele Präsides sind Ehemalige ihrer Schar.
Ein Erfahrungshintergrund im Jugendverband garantiert Vorwissen und vereinfacht es, sich in die Kinder und Leitenden hineinzuversetzen. Auch der nahe Schar-Bezug der Ehemaligen ist eine Chance, birgt aber das Risiko, dass die wertvolle, manchmal auch hinterfragende Aussenperspektive fehlt.
Es gibt relativ viele Präsides mit geringer Erfahrung. Die Fluktuation im Präses-Amt ist hoch.
Der relativ geringe Erfahrungsrucksack vieler Präses muss sowohl in der Weiterbildung, als auch in der Begleitung der Präsides durch die Kantonspräsides mitbedacht werden. Für die Leitungsteams bedeutet es, dass die gegenseitige Erwartungsklärung sehr wichtig ist. Denn Rollenfindung hat auch mit Erfahrung zu tun.
Die hohe Fluktuation ist sicherlich kein Vorteil, weil eine Begleitung, Beziehungsaufbau und Vernetzung eine gewisse Langfristigkeit brauchen.
Die genauen Gründe für die relativ häufigen Wechsel müssen noch genauer eruiert werden. Mögliche Gründe sind: häufige Wohnort- oder Stellenwechsel, Umstrukturierungen in der Pfarreiorganisation, Unzufriedenheiten der Schar/der Präsides, rasche Abnützungserscheinungen.
Wie sind die Präsides angestellt?
Die meisten Scharen bestimmen bei der Präses-Wahl mit.
Anzustreben wären natürlich jeweils 100%, weil dies auch der Vereinbarung mit den Schweizer Bischöfen entspricht.
Die meisten Präsides sind für ihre Aufgabe angestellt und bezahlt. Davon können viele Scharen profitieren.
Ein Anstellungsverhältnis (meist mit der Kirchgemeinde) bedeutet die Sicherstellung zeitlicher Ressource, die für die Schar eingesetzt werden können. Im Normalfall liegt fürs Präsesamt auch ein Pflichtenheft vor. Dieses sollte von der Anstellungsbehörde und dem Leitungsteam gemeinsam ausgehandelt werden, so dass die Präses-Aktivität an die Bedürfnisse der Schar ausrichtet ist.
Die Ressourcen für die Präses-Arbeit werden fast ausnahmslos von der katholischen Kirche zur Verfügung gestellt. Das ist für die Jubla eine extrem wertvolle Unterstützung.
Damit ein Präses-Amt seine volle Wirkung entfalten kann, braucht es eine zeitintensive Begleitung. Es ist anzustreben, dass die dafür notwendigen zeitlichen Ressourcen jeder Schar zur Verfügung stehen.
Für Haupt- und Nebenamtliche wird übrigens ein Arbeitsvertrag mit eigenem (also nur Präses-Amt-bezogenem) Pflichtenheft empfohlen – für Ehrenamtliche zumindest eine schriftliche Vereinbarung inkl. Spesenregelung.
Wie beraten und begleiten Präsides?
Präses sind sehr präsent und können so enge und gut informierte Bezugs- und engen Begleitpersonen sein.
Wichtig und anspruchsvoll ist hier ein klares Rollenverständnis. Präsides tragen selbst meist keine Leitungsfunktion/-Verantwortung (ausser in der spirituellen Animation) und sind trotzdem Teil des Teams. Diese Sonderrolle der «eingeweihten Unbeteiligten» bietet die grosse Chance eines gleichzeitigen Innen- und Aussenblicks: Jemand der spiegeln, zurückmelden, feststellen, vermitteln, zusammenfassen, aufmerksam machen, bestärken und motivieren kann.
Wie gestalten Präsides Spirituelle Animation?
Viele Präsides nutzen die Lagerzeit, um besondere Momente mit speziellen Ritualen hervorzuheben und sie gemeinsam zu feiern.
Selbstverständlich ist die Gestaltung dieser Rituale von Schar zu Schar sehr unterschiedlich. Das ist auch gut so, denn an verschiedenen Orten und bei verschiedenen Menschen passen auch verschiedene Gefässe. Dies betrifft insbesondere ihren religiösen und kirchlichen Bezug. Dieses spannende Thema wurde bereits an den Zukunftskonferenzen von «jubla.bewegt heiss» diskutiert – und ist auch ein zentraler Punkt der aktuellen Leitbild- und Grundsatz-Überarbeitung.
Auch unter dem Jahr nutzen Präsides Gelegenheiten, um den Grundsatz «Glauben leben» explizit sichtbar zu machen und spirituelle Erfahrungen zu ermöglichen.
Selbstverständlich ist dieser Grundsatz auch ohne diese sichtbaren Zeichen wirksam, so z.B. im täglichen Miteinander oder im dankbaren Umgang mit der Natur und mit Lebensmitteln.
In Teil 2 der Blogserie wird noch etwas genauer dargestellt, welche Präsides welche Gefässe der spirituellen Animation bevorzugen (abhängig von Alter, Ausbildungshintergrund, Jungwacht-, Blauring- oder Jubla-Schar).
Wie leisten Präsides Vernetzung und Lobbyarbeit?
Präsides sind wichtige Brückenbauer zu verschiedenen Netzwerkpartnern der Schar. Damit stärken sie ihre Schar bei der Vernetzung und lobbyieren selber aktiv für die Jubla.
Das zeigt sich auch in der Kontaktpflege mit weiteren Netzwerkpartnern: andere Präsides (72%), Politische Gemeinde (53%), Kantonspräses (51%), offene Jugendarbeit (51%), Schule (46%), Jubla-Arbeitsstellen (29%), Kantonsleitung (26%), andere Scharen in der Umgebung (26%).
Wie informieren sich Präsides und bilden sich weiter?
Präsides informieren sich aktiv über die Jubla sowie die neuesten Angebote, Hilfsmittel und Informationen rund ums Präses-Sein.
Das ist eine wichtige Voraussetzung, damit die Präsides ihre Aufgabe in der Beratung und Begleitung ihrer Leitungsteams wahrnehmen können. Ausserdem tragen sie mit diesem Wissen zur Verbandsidentifikation ihrer Schar bei und können das Leitungsteam auf nationale oder kantonale Angebote und Anlässe aufmerksam machen.
Auffällig ist jedoch, dass weniger als die Hälfte der Präsides (49%) die Social Media der Jubla nutzt. Ob das mit dem höheren Alter zu tun hat? Vorläufig werden aber alle wichtigen Verbandsinhalte auch über die anderen Kanäle (Newsletter, Webseite) kommuniziert – so dass auch Nicht-Social-Media-Nutzende nichts verpassen.
Die Präsides nutzen Hilfsmittel und bilden sich weiter. Sie wünschen sich Weiterbildungen zur Teambegleitung und zur Förderung der Teamkultur.
Diese Themenwünsche werden in die Planung der jubla-internen Aus- und Weiterbildung von Präsides mit einfliessen und auch anderen Aus- und Weiterbildungs-Institutionen kommuniziert (Universitäten, Religionspädagogisches Institut, Fachausweis kirchliche Jugendarbeit ForModula, Präses-Ausbildung der Katholischen Pfadi usw.).
Und was sagt uns das Alles?
Präsides sind wichtig
Diese ausgewählten Ergebnisse zeigen, dass Rolle, Präsenz, Rahmenbedingungen, Erfahrungshintergrund und Vernetzung der Präsides für die Unterstützung der Scharen ein grosses Potenzial bergen. Dieses kann nur ausgeschöpft werden, wenn motivierte und geeignete Personen für dieses Amt gefunden werden. Das bedingt, dass Leitungsteams und Anstellungsbehörden in Präses-Angelegenheiten (Neuanstellung, Erwartungsklärung, Zwischengesprächen usw.) proaktiv und gemeinsam vorgehen.
Präses-Arbeit stärken
Ausserdem sollen den Präsides gute Arbeitsbedingungen, Hilfsmittel und Weiterbildungsangebote zur Verfügung stehen. Der Bereich Glauben und Kirche von Jungwacht Blauring Schweiz sowie die Fachgruppe Glauben und Kirche werden versuchen, die gewonnenen Erkenntnisse in diesem Sinne zu nutzen.
Danke!
Über weitere Resultate und Konsequenzen der Umfrage wird im zweiten Teil der Blogserie berichtet. Es bleibt an dieser Stelle der Dank an alle, die an der Umfrage mitgemacht und es damit ermöglicht haben, dass von nun an mit Fakten statt Vermutungen argumentiert werden kann. Danke!